Informationen zur Gemeinderatssitzung am 29. September 2015
Öffentliche Niederschrift der Sitzung: LINK
Ein paar Informationen, Hinweise und Kommentare zu aus unserer Sicht wichtigen Tagesordnungspunkten:
TOP 3. Gemeinderatsfragestunde (Auswahl)
Frau Stöhr (GRÜNE) kritisiert die in ihren Augen unästhetischen Einhausungen der Papiercontainer, die an einigen Stellen der Gemeinde errichtet werden. Hier hat sich, so die Verwaltung, die Wohnungsbaugesellschaft nicht mit der Bauverwaltung abgestimmt.
Herr Ptacek (SPD) erkundigt sich nach dem Stand der Bedarfsermittlung für alternative Wohnkonzepte für den Bau in der Hans-Keis-Straße. Frau Bürgermeisterin Tausendfreund (GRÜNE) berichtet, dass aktuell eine Planung für ein integratives Wohnkonzept besteht mit vier nichtbehinderten und 5 behinderten BewohnerInnen. Hierfür wird auch ein Gemeinschaftsraum und eine große Küche geplant. Zusätzlich informiert sie, dass auf der Dachterrasse ein Gemeinschaftsbereich geplant ist.
Frau Metz (WIP) äußert Ihre Kritik am Umgang mit den Mietern der Wohnungen in der Bahnhofstraße (Wohnbaugesellschaft Pullach), die durch wochenlange vorgehängte Gerüstplanen hohe Temperaturen und Lärm ertragen mussten. Frau Tausendfreund will diesen Sachverhalt im Aufsichtsrat der Wohnbaugesellschaft diskutieren.
Zum entfallenen TOP 8 (Geplante Erweiterung des Verwaltungsgebäudes der LHI Leasing GmbH im Emil-Riedl-Weg) kritisiert Herr Helmerich (SPD) die Streichung von der Tagesordnung, da es eine wesentliche Entscheidung sei und auch Bürger wegen dieses Tagesordnungspunktes zur Sitzung gekommen seien.
TOP 5: OEP (Bericht aus dem Ausschuss für Ortsentwicklung, Energie und Umwelt (OEU) vom 15.09.2015 über die im IV. Quartal 2015 anstehenden Schritte der Bürgerbeteiligung):
Hier erfolgt eine umfangreiche Darstellung der anstehenden Planungsschritte und der geplanten Bürgerbeteiligung. Der Gemeinderat nimmt die vorliegenden Informationen einstimmig zur Kenntnis. Eine weitere Diskussion (zum bereits erfolgten Austausch im OEU) erfolgt nicht.
Eine Nebenbemerkung sei erlaubt: In einem Leserbrief des Isaranzeigers vom 1. Oktober 2015, verfasst von Clemens Dietrich und Wolfgang Reuther, wird die ungewöhnlich kurze Dauer des OEP für Pullach hinterfragt und es soll beobachtet werden „ob im Ortsentwicklungsplan sorgfältig Fakten erarbeitet oder nur politische Vorgaben umgesetzt werden“.
Unser Eindruck ist, dass der Ortsentwicklungplan für Pullach sehr sorgfältig geplant, durchdacht und mit vielen Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung realisiert wird. Pullach steht in vielerlei Hinsicht vor vielen Projekten und Entscheidungen die z. T. jetzt aktuell oder in den vorigen Legislaturperioden nicht „angerührt“ wurden.
Die Befürchtung, dass irgendeine politische Vorgabe existiere, die über die Köpfe der Bürgerinnen und Bürger hinweg realisiert würde, können wir gerne entkräften. Worin diese Befürchtung begründet liegt, können wir nicht erkennen.
TOP 6: Asylbewerberunterbringung: hier Sachstandsbericht
Frau Tausendfreund berichtet umfänglich über die aktuelle Situation. So ist die Turnhalle gegenüber früheren definitiven Zusagen des Landratsamtes noch nicht wieder frei. Aktuell soll die Turnhalle nach den Allerheiligenferien wieder für den Schulsport genutzt werden können. Die Verzögerungen lagen an Lieferschwierigkeiten und an fehlenden Brandschutzmaßnahmen für die in Oberhaching aufzustellende Traglufthalle.
Die Burg Schwaneck wird für 110 bis 130 Personen zu einer Jugendhilfeeinrichtung umfunktioniert (eine Liegenschaft des Landratsamts (LRA)). Die Betreuung wird durch die Diakonie erfolgen.Frau Tausendfreund stellt in Aussicht, dass nach den aktuellen Prognosen und Verteilungsschlüsseln Pullach insgesamt 250 Personen aufnehmen müsste.
Hierfür müsste ein Gebäude in Pullach errichtet werden, das von einem privaten Investor, von der Gemeinde oder einer gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft errichtet und betrieben werden kann. Ohne einen solchen Bau, der nach dieser Nutzung auch für andere Zwecke gebraucht werden kann, wird die Quote für Pullach nicht zu erfüllen sein (rechtlich ist Pullach nicht verpflichtet, Flüchtlinge aufzunehmen, das LRA könnte allerdings in letzter Konsequenz z. B. Turnhallen beschlagnahmen).
An dieser Quote entzündete sich später auch die Diskussion im Gemeinderat. So wurde gefragt, ob aufgrund der geringen Flächen im Vergleich zu anderen Landkreisgemeinden eine solche Quote für Pullach überhaupt angemessen sei. Von Seiten der GRÜNEN-Fraktion wurde dem entgegen gehalten, dass eine Zahl von 250 Flüchtlingen einem Anteil von ca. 2,2% der Bevölkerung entspricht und als solcher, bei gleichzeitiger Realisierung von gezielten Integrationsmaßnahmen (Sprachkurse, Patenschaften) durchaus als bewältigbar angesehen wird.
Von Seiten der SPD wurde ja bereits der Vorschlag eingebracht, eine Nutzung des BND-Geländes beim Kanzleramt zu beantragen. Herr Most (CSU) brachte noch weitere Flächen ins Gespräch, die für evtl. Baumaßnahmen genutzt werden könnten (Brunnergelände, Wiesenweg, nördlicher Grundelberg). Frau Zechmeister (WIP) schlug vor, die BürgerInnen der Gemeinde anzuschreiben und nach freiem Wohnraum zu fragen.
TOP 7: Freizeitbad Pullach: Darstellung des Planungsstands.
Machen wir es an dieser Stelle kurz: es ist kompliziert bis dilemmatisch!
Eine weitere Sanierung kann das Bad noch für ca. 4 bis 5 Jahre nutzbar erhalten (jährliche Betriebskosten allerdings ohnehin schon ca. 1 MIO €). Eine Sanierung über die Erhaltung hinaus mit Modernisierungen oder Erweiterungen z. B. der Außenanlagen würde den Bestandsschutz (Altanlagenbonus von 5db) hinsichtlich der zugelassenen Immissionswerte löschen. An derselben Stelle zu bauen oder neu zu bauen ist damit schlichtweg kaum bis gar nicht möglich. Jegliche Erweiterung oder Attraktivierung würde darüberhinaus den Zufahrtsverkehr ansteigen lassen, die Parkplatzsituation bliebe ungelöst.
Die Neubaukosten (auch andernorts) liegen aktuell bei ca. 20,6 MIO € für eine Fertigstellung in 2020.
Den interessanten Vorschlag, das Schwimmbad zu verkleinern und Nutzungsformen (Saune, Bad, Freigelände) zu trennen, brachte Herr Most (CSU) ins Spiel, was unseres Erachtens weiter zu durchdenken ist. Wir sind der Meinung, dass ein kleines Schulschwimmbad, das auch den Vereinen zur Verfügung steht, durchaus realisierbar wäre. Damit wäre auch die eigentliche gemeindliche Aufgabe, nämlich die Sicherung der Daseinsvorsorge (Bildung, Infrastruktur, etc.) sichergestellt.
Inwieweit in Pullach ein neues freizeitorientiertes Familienbad eine Zukunft hat, steht nämlich durchaus in den Sternen. Die Schließung des Alpamare in Bad Tölz kann man diesbezüglich gerne mal genauer analysieren und daraus Schlüsse für die Situation in Pullach ziehen.
Vieles steht und fällt natürlich auch mit einer möglichen Nutzung des Warnberger Feldes. Hier gibt es, trotz eines neuen Schreibens seitens der Gemeinde an den Grundstücksbesitzer, noch keine neue Situation.
TOP 9: Errichtung von zwei Gedenktafeln am Friedhof Pullach.
Die geplante Errichtung zweier Gedenktafeln am Friedhof fand trotz der vier Stimmen der GRÜNEN Fraktion keine Zustimmung (mit 7 zu 9 Stimmen abgelehnt).
Obwohl die Texte der Gedenktafeln im Vorfeld den Kulturreferenten zur Absprache und Abstimmung vorgelegt wurden und es hier, so Frau Tausendfreund, keine Ablehnung gab, wurde in der Sitzung das „rasche Fortschreiten“ in dieser Sache kritisiert.
Natürlich ist der Umgang mit dem Erinnern historischer Ereignisse, zumal von Kriegen und Kriegsverbrechen immer ein sensibles Thema, dennoch sind wir überrascht, dass hier keine Einigung erzielt werden konnte. Auch der Vorschlag der GRÜNEN-Fraktion, einen Einwurf von Frau Voit aufnehmend, auf der Tafel für den Soldaten Green die „ganze Geschichte“ zu erzählen (der Mörder von Green wurde im folgenden Jahr von amerikanischen Soldaten erschlagen, seine Frau suizidierte sich in der Isar), führte zu keiner Mehrheit für den Antrag.
Wir denken, Erinnerung ist stets situations- und namensgebunden. Eine anonymisierte Erinnerungskultur wird keine Wirkung und keinen Bestand haben.
Eine Einschätzung der Diskussion finden Sie auch hier: Süddeutsche-Zeitung online (http://www.sueddeutsche.de/muenchen/landkreismuenchen/pullach-absurditaet-des-erinnerns-1.2672383)
In einer langen Debatte um die angemessene Form des Gedenkens plädierte Fabian Müller-Klug (Grüne) dafür, auf den Tafeln gleich die „ganze Geschichte“ samt dem Ende Grasls und seiner Frau zu erzählen, um die „grausame Absurdität des Krieges“ zu verdeutlichen. Alexander Betz (FDP) stimmte Tausendfreund zu, dass die Personalisierung entscheidend sei, wollte die Tafeln jedoch gleich am Denkmal an der Hochleite aufstellen lassen. Schließlich aber wurden die Befürworter von den Bedenkenträgern überstimmt. Der Gemeinderat lehnte die Gedenktafeln mit sieben zu neun Stimmen ab. Im Ortsbild bleiben die Opfer des 19. Juli 1944 also weiterhin größtenteils anonym.
Eine differenzierte, transparente und an Fakten, nicht an Meinungen, orientierte Neugestaltung der „Kriegergedenkstätte“ am Hochufer ist eine wichtige Aufgabe für den Gemeinderat. Vielleicht findet sich dann auch eine Lösung, wie man mit den Geschichten und Menschen „hinter“ den abgelehnten Gedenktafeln zukünftig umgeht.
TOP 11: Vollzug des Landesstraßenverordnungsgesetzes (LStVG), der Straßenverkehrsverordnung (StVO) und des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG).
Hinter diesem Tagesordnungspunkt steht die Problematik der in manchen Straßen weit in den Gehweg hineinragenden Hecken. Dadurch müssen Fußgänger auf die Straße ausweichen, was zu einer nicht zu tolerierenden Gefährdung führen kann.
Klar ist, dass die Hecken nicht erst seit der letzten Wahl wachsen und klar ist somit auch, dass dieses Thema deshalb auf der Tagesordnung steht, weil sich der letzte Gemeinderat diesbezüglich zu keiner Entscheidung durchringen konnte.
Ein Rückschnitt ist aus unserer Sicht (und auch der überwiegenden Mehrheit des Gemeinderats) jedoch erforderlich, wenngleich mit Augenmaß und einer positiven Kommunikation gegenüber den EigentümerInnen der betroffenen Grundstücke.
Fabian Müller-Klug
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