Zur Frage der Umbenennung der Bischof-Meiser-Straße: Antisemitismus und Pullach

Bei der Gemeinderatssitzung am 30.1. wurde der Antrag des Geschichtsforums auf Umbenennung der Bischof-Meiser-Straße mit den Stimmen von SPD, CSU und WiP knapp abgelehnt. Pullach plus und die Fraktion der Grünen votierten einstimmig für eine Umbenennung. Die FDP war nicht anwesend.

Für uns Grüne war es ein Anliegen, klar und konsequent gegen jedweden Antisemitismus Stellung zu beziehen.

Die Straße hat ihren Namen 1956 erhalten. In der damaligen Zeit war Bischof Meiser hoch angesehen, galt bei manchen als Widerstandskämpfer. Die zeithistorische Forschung hat dieses Bild jedoch gründlich relativiert. Herr Meiser hat lange vor der Machtergreifung der Nazis antisemitische Schriften verfasst, von denen er sich niemals distanziert hat – was ja nach dem Krieg ohne persönliches Risiko möglich gewesen wäre.  Er hat sich auch während der Nazi-Diktatur nie zu Euthanasie, Zwangssterilisationen oder Deportationen ablehnend geäußert wie andere Kirchenführer. Es ist mittlerweile durch die historische Forschung ein anderes Bild von Bischof Meiser entstanden. Das heißt: die Wertschätzung von Bischof Meiser in den ersten Nachkriegsjahren kann nicht mehr maßgeblich sein. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum heute – wie in der Gemeinderatssitzung passiert – mit Zitaten von Zeitgenossen aus der Nachkriegszeit eine positive Bewertung der Person von Bischof Meiser begründet wird.

In der Frage der Straßenumbenennung geht es nicht um eine Verurteilung der Person, sondern um die Frage, ob Bischof Meiser als Vorbild geeignet ist. Für uns Grüne sind die Achtung der Menschenrechte und die Gleichwertigkeit aller Menschen ein zentraler Wert. Die Forschung zu Bischof Meiser hat aufgezeigt, dass er im Drängen auf die Einhaltung grundlegender Menschenrechte weit hinter dem Verhalten anderer kirchlicher Würdenträger zurückblieb. Daher sollte es nach unserer Auffassung keine Bischof-Meiser-Straße in Pullach geben.

Unsere Auffassung hat keine Mehrheit gefunden.  Es mag sein, dass ich als Pädagogin und politische Bildnerin besonders empfindlich bin gegenüber „geistiger Wegbereiterei“ von Antisemitismus und Gleichgültigkeit bzw. fehlendem Engagement für Menschenrechte. Deshalb tut mir diese Entscheidung des Gemeinderats persönlich weh. Dies vor allem in heutiger Zeit, wo wir mit Entsetzen eine Zunahme von antisemitischen Äußerungen und Angriffen beobachten müssen und von hochrangigen Persönlichkeiten zu klarem Verhalten gegen Antisemitismus aufgefordert werden. Wir in Pullach haben diese Ermahnung nicht angenommen.  

Renate Grasse, Gemeinderätin
Bündnis 90/ Die Grünen

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